Liebe Freunde,

es gibt Momente im Leben, die sich erst im Rückblick als Wendepunkte entpuppen. Einer davon war, als ich 2019 meine Patreon-Seite startete und plötzlich merkte: Da draußen gibt es mehr Menschen wie mich. Menschen, die Gaunergeschichten lieben. Menschen, die Teil einer Liga der Meisterdiebe werden wollen.

Aber fangen wir von vorne an.

Alles begann mit einem Mikrofon

In Paderborn hatte ich damals Zeit. Das Studium fiel mir nicht schwer, die Noten stimmten, aber ich war nicht wirklich ausgelastet. Also suchte ich mir ein intensives Hobby. Eigentlich wollte ich nur ein Hörbuch für meine damalige Freundin aufnehmen und googelte nach Mikrofonen für zu Hause.

Dabei stieß ich auf Hörspielprojekt.de – eine Community für Hörspielmacher. Menschen, die zu Hause Geschichten schreiben, sie ins Mikrofon sprechen, Musik produzieren, Sounddesigns erstellen, Cover malen. Eine Gemeinschaft, die zusammen Geschichten zum Leben erweckt.

Das war eine Offenbarung für mich. Dass so etwas geht!

Über dieses Hobby fand ich großartige Freunde – und meine heutige Ehefrau Marie, die damals schon als Lektorin und Administratorin aktiv war. Aber vor allem lernte ich alles über Hörspiele: Wie schreibt man Dialoge? Wie unterscheidet man Charaktere allein durch ihre Sprache? Ein Hochschulprofessor formuliert anders als ein Bauarbeiter – solche Details faszinierten mich.

Autodidakt aus Leidenschaft

Ich brachte mir alles selbst bei. Schreibratgeber, Kurse von Raiman Weber, sogar meine Examensarbeit schrieb ich über Hörspiele. Ich besuchte Messen – die Leipziger Buchmesse, die Hamburger „Hörspiel“-Messe (die Marie mitorganisierte, als sie Praktikantin bei Lausch war). Überall knüpfte ich Kontakte, saugte Wissen auf.

Mein erstes großes Projekt: Wayne McLair. Fünf Folgen über einen Gentleman-Dieb im viktorianischen London – zunächst als kostenloses Hobby-Hörspiel. Hunderte Stunden steckte ich da rein. Aber es machte so viel Spaß, dass ich gar nicht merkte, wie sich meine Fähigkeiten entwickelten.

Der professionelle Sprung

Als ich mich 2015 selbstständig machte, kannte ich schon ein paar Leute. Tom Steinbrecher führte mich in die erste Riege ein und verschaffte mir die ersten Jobs – wofür ich bis heute unendlich dankbar bin. Ich durfte für Offenbarung 23, Die größten Fälle von Scotland Yard, Geisterschocker arbeiten. Toll! Aber mir ging es immer um meine eigenen Geschichten.

2017 kam der Durchbruch: Maritim ermöglichte mir das professionelle Reboot von Wayne McLair. Meine Hobby-Serie, komplett neu geschrieben, aufgenommen, produziert. Sebastian Pobot von Maritim ließ mich machen – und das war großartig.

Wayne McLair ist vermutlich das Produkt, in dem am meisten von mir steckt. Ich spreche die Titelrolle, schreibe die Dialoge, führe Regie, suche die Sprecher aus, mache das Sounddesign. Ich bin Wayne McLair im Grunde. Alles, was anders ist als in anderen Hörspielen, ist so, weil ich meinen Willen durchsetzen durfte.

Der wahre Meisterdieb-Moment

Aber der eigentliche Wendepunkt kam 2019 mit Patreon. Ich startete die „Liga der Meisterdiebe“ – ein neues Geschichtenuniversum, verwandt mit Wayne McLair, aber doch anders. Und plötzlich merkte ich: Es gibt mehr Menschen da draußen! Menschen, die mich unterstützen, weil sie Teil dieser Geschichten werden wollen.

Das war mein Meisterdieb-Moment: Die Erkenntnis, dass es nicht nur Paul ist, der irgendwie Gauner mag. Es gibt eine ganze Community da draußen. Und es ist wunderbar, dass wir einander finden.

Immer in Bewegung

2020 kam Twitch dazu. Wieder eine Veränderung – diesmal vor die Kamera. Von „hinter den Kulissen“ als reiner Autor zu Regie, dann als Sprecher vor das Mikrofon, und schließlich live vor die Kamera. Jede Stufe brachte mich mehr in den Vordergrund.

Meine persönliche Entwicklung geht übrigens weiter: von hinter dem Schreibtisch zur Regie, zum Sprechen, vor die Kamera – und jetzt zur nächsten Stufe: Live-Hörspiele. Am ersten Augustwochenende findet wieder eins auf dem Elbenwald Festival in Cottbus statt. Geschichten live und direkt vor Publikum zum Leben erwecken – ich freue mich schon riesig darauf!

Ich bin ein Gewohnheitsmensch, der trotzdem immer Veränderung braucht. Das Einzige, was bleibt, ist das Geschichtenerzählen. Die Art, wie ich es tue, wandelt sich ständig. Und das ist gut so.

Die Community lebt

Übrigens: Hörspielprojekt.de gibt es immer noch! Es werden weiterhin Hörspiele produziert und immer noch Leute gesucht, die mitmachen. Es ist eine offene Community für neue Mitglieder – jeder darf mitmachen, wenn man nett ist. Jedes Jahr das „Internationale Hörspielwochenende“ – ich habe noch keines verpasst. Alte Nasen wiedertreffen, neue Freunde gewinnen. Falls ihr selbst mal ins Hörspielmachen reinschnuppern wollt: Da ist euer Einstieg.

Traditionelle Hörspielempfehlung

Zum Abschluss möchte ich euch ein Projekt ans Herz legen: „Rick Future“ von Sven Matthias, unserem lieben Kollegen, der leider mittlerweile verstorben ist. Es ist eine Opera, die unfassbar intensiv ein gigantisches Epos erzählt. Die Produktion ist extrem aufwendig und liebevoll gemacht – ich kann es jedem nur empfehlen, der Science Fiction liebt.

Sven war mir ähnlicher, als manche denken würden. Auch er war ein Geschichtenerzähler, der seine Geschichten schrieb, seine Stimme nutzte, das Ganze antrieb und sich ganze Universen ausdachte. Wir vermissen ihn alle. Möge er in Frieden ruhen.

Geschichten verbinden Menschen. Als Geschichtenerzähler darf ich diese unsichtbaren Fäden sichtbar machen. Vom Hobby zur Berufung – manchmal passiert das ganz von selbst, wenn man dem folgt, was einen wirklich antreibt.

In diesem Sinne: Folgt euren Geschichten, sie führen euch zu den richtigen Menschen.

Diebische Grüße
Paul


PS: Das nächste Live-Hörspiel steht vor der Tür – mehr dazu bald!